Conny ruft auf zur Rauchmelder-Parade, wo sie von einem Vorfall berichtet, der zeigt, wie nützlich Rauchmelder sein können. Zum Schluss heißt es
Und nun fordere ich Euch auf darüber zu berichten ob und was Ihr schon mit Rauchmeldern erlebt habt. Probleme beim Einkauf? Habt Ihr es zur Vorsicht jemanden als Geschenk zu Weihnachten gegeben so wie wir? Habt Ihr welche in der Wohnung montiert? Zeigt sie und ruft alle auf welche zu montieren. Oder kennt Ihr von Bekannten Geschichten was sie erlebt haben?
Von mir gab es dann gleich einen gepfefferten Kommentar, der aber weder gegen Conny noch gegen Rauchmelder an sich ging, sondern gegen den falschen Gebrauch von diesen “Lebensrettern”. Eigentlich wollte ich deshalb keinen Beitrag schreiben, aber Conny meinte, auch ein negativer Beitrag sei willkommen. Nun denn!
Zu viele falsche Alarme bewirken das Gegenteil
Meine Erfahrungen beschränken sich auf den angelsächsischen Raum, wo ja laut unseren Vorteilen sehr viel unnötige Paranoia verbreitet wird und übermäßige Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Und im vorliegenden Fall ist genau das das Problem. Ich habe ein Auslandsjahr an einer Universität in Schottland verbracht (die HWU in Edinburgh) und wohnte im Studentenwohnheim. Die meisten Bewohner, schätzungsweise zwei Drittel, waren Erstjahrstudenten, also 17 oder 18 Jahre alt.
Man kann sich denken, dass die Verbindung von empfindlichen Warnsystemen und Heranwachsenden nichts Gutes bedeutet. So war es keine Seltenheit, dass durch Ballspiele im Gang, übermäßige Nutzung von Deo oder Haarspray[1], Rumbastelei am Gerät, böswilliges, absichtliches Auslösen und die Unart, nachts Fritten in den Ofen zu schieben und dann schlafen zu gehen, sehr oft falscher Alarm ausgelöst wurde.
Das kam im Schnitt einmal in der Woche vor. Dann brach (meist in den frühen Morgenstunden) ein unglaubliches Geheul los, bei dem man glaubt, den Verstand zu verlieren und sofort zu flüchten versucht. Am Anfang stürzt man dann noch schnell im Schlafanzug nach draußen und fragt sich, was denn passiert sei. Da sieht man dann so einige halb angezogene junge Männer, die eigentlich nicht in diesem Wohnheim wohnen (das ist eine Geschichte für andere Gelegenheiten). Aber spätestens nach dem dritten oder vierten Fehlalarm ärgert man sich nur noch über den Blödmann, der das ausgelöst hat.
Besonders unangenehm ist es, dass man verpflichtet ist, raus zu gehen. Es kostet 50 Pfund Strafe, wenn man während des Feueralarms im Gebäude erwischt wird (vorausgesetzt man hält den Lärm aus). Und die Wardens (= Wohnheimvorsteher) haben auch stichprobenartig die Zimmer kontrolliert!
Das Hauptproblem ist allerdings, dass in jedem Fall die Feuerwehr das Ding abstellen muss. Die Wardens dürfen das nicht, auch wenn es offensichtlich nur ein Fussball war, der die Abdeckhaube herunter geschossen hat. Also warten alle draußen im Regen[2] zwanzig Minuten lang bis die Feuerwehr mit Blaulicht mit zwei Löschfahrzeugen angerückt ist. Der Leiter geht dann rein, stellt den Alarm ab und fest, dass nichts Ernstes ist, die Bewohner dürfen wieder rein und versuchen, weiter zu schlafen. Und das Wohnheim darf 200 Pfund Strafe berappen, weil es ein Fehlalarm war.
Nach einer Weile nimmt das natürlich keiner mehr Ernst, sondern betrachtet es nur noch als großes Ärgernis. Beim Losgehen des Alarms habe ich mich also erstmal vernüftig angezogen, bin in die Küche, habe mir was zu Essen gemacht und bin dann gemütlich nach draußen. Was wäre denn gewesen, wenn es tatsächlich gebrannt hätte?
Einmal haben einige Idioten den Alarm dreimal in einer Nacht ausgelöst. Das gab richtig Ärger, weil sie den Melder in unserem Gangabschnitt verwendet hatten und der Warden uns drohte, dass wir für die 200 Pfund aufkommen müssten. Dass das völlig unsinnig und auch unfair war, war ihm egal, weil auch er ziemlich genervt war.
Zählt man alle Alarme der sechs (?) Wohnheime zusammen, kommt man auf mehrere Hundert Alarme und kein einziger war tatsächlich gerechtfertigt! Die Feuerwehr ist jedes Mal umsonst angerückt und vielleicht war das mit ein Grund, warum die dauernd gestreikt haben und 42% Lohnerhöhung verlangt haben. Während des Streiks musste dann ersatzweise die Armee anrücken und da deren Standort viel weiter weg ist, dauerte das Warten in der Kälte entsprechend länger.
So, nach dieser The Boy Who Cried Wolf-Geschichte kann ich nur schließen, dass ich persönlich kein Freund von Rauchmeldern bin. Vielleicht lässt die Wut mit den Jahren nach und ich erkenne die Notwendigkeit und Nützlichkeit dieser Lebensretter an. Vielleicht!
Zum Abschluss noch ein Bild, das die ganze Situation verdeutlicht (Klick für Vergrößerung). Zu sehen ist eine der vielen Feuertüren, die im Abstand von einigen Metern im Flur des Wohnheims für Sicherheit sorgen sollen. Deshalb sind sie sehr schwer und gehen immer von alleine wieder zu. Man sieht oben im Bild diese Schiene, die genau das bewirkt. Das kann natürlich nerven und deshalb war das Ding meistens ausgehängt. Der Wohnheimleitung gefiel das nicht und deshalb wurde ein Zettel an die Tür gehängt:
Auf dem Zettel steht
ATTENTION
FIRE HAZARD
PLEASE REFRAIN
FROM INTERFERING
WITH THE DOOR
CLOSURE, THIS IS A
FIRE EXIT AND
WOULD ASK YOU TO
CONSIDER OTHER
RESIDENTSTHANK YOU
Auch die Türen zu den Zimmern waren mit solchen Schienen ausgestattet und hatten die lästige Eigenart, dass sie nur mit Schlüssel geöffnet werden können! Wer also ohne Schlüssel das Zimmer, kommt ohne größeren Aufwand nicht mehr rein. Deshalb haben viele auch da den Hebel ausgehängt, damit die Tür nicht dauernd zufällt. Wer vom Warden erwischt wurde, durfte erst zum Rapport und dann beim zweiten Mal Strafe zahlen. Ist doch klar, dass niemand die Sicherheitsvorkehrungen mehr ernst nimmt bzw. sich sogar dagegen auflehnt.
- Ob das tatsächlich den Alarm auslöst, weiß ich nicht, aber das stand jedenfalls auf den Warnschildern gut sichtbar im Zimmer. Und ich kann mir vorstellen, dass das ausgiebig getestet wurde.
- Es hat gar nicht so oft geregnet, aber wir reden hier von Schottland, wo so etwas erwartet wird und außerdem erhält die Geschichte dadurch mehr Dramatik.